Über 60 bekannte Persönlichkeiten haben einen Appell unterzeichnet, mit dem sie die Bundesregierung, die Bundestagsparteien sowie die Medien zu einem Umlenken in ihrer Politik bzw. ihrer Agitation gegenüber Russland bewegen wollen. Der Aufruf wurde unter anderem vom ehemaligen Regierenden Bürgermeister Berlins, Eberhard Diepgen, vom ehemaligen Bürgermeister Hamburgs, Klaus von Dohnanyi, vom ehemaligen Ministerpräsidenten Brandenburgs, Manfred Stolpe, dem ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder, vom Alt-Bundespräsidenten Roman Herzog, vom Schauspieler Mario Adorf sowie vom früheren Raumfahrer Sigmund Jähn unterzeichnet. Auch zahlreiche Journalisten, Schriftsteller und Wissenschaftler sind unter den Unterzeichnern.Unter anderem heißt es in dem Appell: „Niemand will Krieg. Aber Nordamerika, die Europäische Union und Russland treiben unausweichlich auf ihn zu, wenn sie der unheilvollen Spirale aus Drohung und Gegendrohung nicht endlich Einhalt gebieten.“
Da die Bundesregierung, allen voran Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, sich in den letzten Monaten in verbaler Aufrüstung gegen Russland übte, rufen die Unterzeichner die Bundesregierung zur Besonnenheit auf: „Die deutsche Regierung geht keinen Sonderweg, wenn sie in dieser verfahrenen Situation auch weiterhin zur Besonnenheit und zum Dialog mit Russland aufruft. Das Sicherheitsbeduürfnis der Russen ist so legitim und ausgeprägt wie das der Deutschen, der Polen, der Balten und der Ukrainer. Wir duürfen Russland nicht aus Europa hinausdrängen.“
Da auch im Bundestag bisher wenig unternommen wurde, um das Verhältnis zu Russland zu entspannen und zu Verhandlungen auf Augenhöhe zurückzukehren, mahnen die Unterzeichner auch hier eine Umkehr der bisherigen Politik an: „Wer nur Feindbilder aufbaut und mit einseitigen Schuldzuweisungen hantiert, verschärft die Spannungen in einer Zeit, in der die Signale auf Entspannung stehen muüssten.“
Auch die Medien werden scharf kritisiert: „Wir appellieren an die Medien, ihrer Pflicht zur vorurteilsfreien Berichterstattung Überzeugender nachzukommen als bisher. Leitartikler und Kommentatoren dämonisieren ganze Völker, ohne deren Geschichte ausreichend zu wuüdigen. Jeder außenpolitisch versierte Journalist wird die Furcht der Russen verstehen, seit NATO-Mitglieder 2008 Georgien und die Ukraine einluden, Mitglieder im Bündnis zu werden.“
Der Appell, der den Titel „Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen!“ trägt, ist zu unterstützen, weil er darauf abzielt, dass Deutschland sich in Bismarckscher Tradition als ehrlicher Makler versteht und einen auf Ausgleich der Interessen ausgerichteten außenpolitischen Weg geht.
Nachhaltiger Frieden in Europa geht nicht ohne und schon gar nicht gegen, sondern nur mit Russland.
Ronny Zasowk